Wegzugsbesteuerung vermeiden: Warum doppelte Holdings nicht mehr ausreichen
Die deutsche Finanzverwaltung hat ihre Kontrollinstrumente verschärft und auch komplexe Unternehmensstrukturen bieten längst nicht mehr den erhofften Schutz.
Wer die Wegzugsbesteuerung vermeiden möchte, benötigt heute weit mehr als nur eine clevere Holdingkonstruktion.
Die aktuellen gesetzlichen Bestimmungen greifen tief in die Unternehmensstrukturen ein und können selbst bei vermeintlich wasserdichten Konstruktionen zu bösen Überraschungen führen.
Ohne professionelle Planung und das Wissen um die neuesten rechtlichen Entwicklungen wird aus dem Traum der steuerfreien Auswanderung schnell ein kostspieliger Albtraum.
Dieser Artikel zeigt Ihnen, warum auch doppelte Holdings versagen können und welche bewährten Strategien wirklich funktionieren.
Grundlagen der Wegzugsbesteuerung - was Unternehmer wissen müssen
Gesetzliche Bestimmungen nach AO und EStG im Detail
Die Wegzugsbesteuerung ist in den §§ 6 und 50i EStG sowie in der Abgabenordnung geregelt.
Das Grundprinzip ist einfach: Verlegt ein unbeschränkt steuerpflichtiger Gesellschafter seinen Wohnsitz ins Ausland, führt dies zu einer fiktiven Veräußerung seiner Anteile zum gemeinen Wert.
Diese Entstrickung löst eine sofortige Besteuerung aus, auch wenn tatsächlich kein Verkauf stattgefunden hat.
Entscheidend ist dabei die Beteiligungshöhe von mindestens einem Prozent am Kapital oder den Stimmrechten einer Kapitalgesellschaft.
Die Abgabenordnung definiert dabei präzise, wann eine Entstrickung eintritt und welche Bewertungsverfahren anzuwenden sind.
Entstrickungsregeln und ihre Anwendung auf Beteiligungen
Die Entstrickungsregeln greifen nicht nur bei direkten Beteiligungen, sondern durchdringen auch komplexe Holdingstrukturen.
Besonders tückisch: Auch bei einer doppelten Holdingstruktur kann die Finanzverwaltung auf die wirtschaftliche Betrachtungsweise abstellen.
Wenn der Steuerpflichtige über mehrere Holdinggesellschaften letztendlich maßgeblichen Einfluss auf ein operatives Unternehmen ausübt, werden die Beteiligungsquoten zusammengerechnet.
Die reine juristische Konstruktion reicht nicht aus - entscheidend ist die wirtschaftliche Substanz der Struktur.
Bei der Auswanderung als Unternehmer müssen daher alle Beteiligungsebenen genau analysiert werden.
Bewertungsmethoden für Unternehmensbeteiligungen beim Wegzug
Die Bewertung erfolgt grundsätzlich zum gemeinen Wert im Zeitpunkt der Entstrickung.
Bei börsennotierten Unternehmen ist das relativ eindeutig, bei nicht börsennotierten Gesellschaften wird es komplex.
Das Finanzamt kann verschiedene Bewertungsverfahren anwenden: das Ertragswertverfahren, das DCF-Verfahren oder vereinfachte Multiplikatorverfahren.
Problematisch wird es, wenn die Bewertung erheblich von den Vorstellungen des Steuerpflichtigen abweicht.
Hier entstehen oft langwierige Streitigkeiten, die das gesamte Auswanderungsprojekt gefährden können.
Eine frühzeitige Bewertung und gegebenenfalls ein Gutachten können spätere Probleme vermeiden.
Der Mythos der doppelten Holdingstruktur als Schutzschild
Warum doppelte Holdings oft nicht den erwarteten Schutz bieten
Der Glaube, dass eine Holdinggesellschaft Wegzugsszenarien automatisch entschärft, ist weit verbreitet - aber oft falsch.
Eine doppelte Holdingstruktur bedeutet, dass zwischen dem Unternehmer und dem operativen Unternehmen zwei Holdinggesellschaften zwischengeschaltet sind.
Theoretisch sollte dies die direkte Beteiligung unter die kritische Ein-Prozent-Schwelle drücken.
In der Praxis durchschaut die Finanzverwaltung jedoch solche Konstruktionen.
Wenn die Holdinggesellschaften keine echte wirtschaftliche Substanz haben oder offensichtlich nur der Steuerumgehung dienen, wendet das Finanzamt die wirtschaftliche Betrachtungsweise an.
Dann werden alle Beteiligungsebenen "durchgerechnet" und die Wegzugsbesteuerung greift trotzdem.
Aktuelle Rechtsprechung zu Holdingstrukturen und Wegzugsteuer
Die jüngere Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zeigt einen klaren Trend: Reine Gestaltungen ohne wirtschaftliche Substanz werden nicht anerkannt.
Entscheidend sind Faktoren wie die Finanzierung der Holdings, deren operative Tätigkeit und die tatsächliche Entscheidungsstruktur.
Wenn die Holdinggesellschaften nur "Briefkastenfirmen" sind und alle wesentlichen Entscheidungen weiterhin vom auswandernden Unternehmer getroffen werden, hilft auch die raffinierteste Struktur nicht.
Das BFH-Urteil vom März 2023 bestätigte diese Sichtweise und führte zur Wegzugsbesteuerung trotz formal unter Ein-Prozent liegender direkter Beteiligung.
Grenzen des Schutzes durch komplexe Unternehmensstrukturen
Komplexe Strukturen stoßen an ihre Grenzen, wenn sie nicht den tatsächlichen wirtschaftlichen Verhältnissen entsprechen.
Die Finanzverwaltung prüft immer häufiger die Substance-over-Form-Doktrin.
Das bedeutet: Nicht die juristische Form entscheidet, sondern der wirtschaftliche Gehalt.
Bei der Steueroptimierung Auswanderung reicht es nicht, formale Schwellenwerte zu unterschreiten.
Die gesamte Struktur muss business-getrieben und nicht nur steuerlich motiviert sein.
Holdinggesellschaften müssen echte unternehmerische Funktionen erfüllen, eigene Mitarbeiter haben oder zumindest substantielle Entscheidungen treffen.
Anderenfalls wird die Konstruktion durchgriffen und die Wegzugsbesteuerung ausgelöst.
Häufige Fehler bei der Auswanderung mit komplexen Strukturen
Timing-Probleme und ihre kostspieligen Konsequenzen
Das Timing ist bei der Auswanderung absolut kritisch - und hier passieren die meisten teuren Fehler.
Viele Unternehmer unterschätzen, dass bereits die Anmeldung im Zielland steuerliche Konsequenzen auslösen kann, auch wenn der deutsche Wohnsitz noch nicht aufgegeben wurde.
Besonders problematisch: Wer seine Holdingstruktur erst kurz vor der Auswanderung aufbaut, gerät schnell in den Verdacht der Steuerumgehung.
Die Finanzverwaltung schaut sehr genau hin, wenn zwischen Strukturaufbau und Wegzug nur wenige Monate liegen.
Ein weiterer Timing-Fehler ist die unkoordinierte Aufgabe verschiedener Anknüpfungspunkte.
Geschäftsleitung, Wohnsitz und steuerliche Ansässigkeit müssen in der richtigen Reihenfolge verlagert werden.
Dokumentationsfehler, die zur Steuerfalle werden
Mangelhafte Dokumentation ist ein Klassiker unter den Auswanderungsfehlern.
Viele Unternehmer führen keine ausreichenden Aufzeichnungen über ihre tatsächlichen Aufenthaltstage, über Geschäftsentscheidungen oder über die operative Führung ihrer Holdings.
Wenn das Finanzamt später prüft, fehlen die entscheidenden Belege.
Besonders fatal: Unvollständige oder widersprüchliche Angaben in den Steuererklärungen verschiedener Länder.
Was in Deutschland als "nicht mehr ansässig" deklariert wird, muss auch international konsistent sein.
Entstrickung vermeiden funktioniert nur mit lückenloser Dokumentation aller relevanten Schritte und Entscheidungen.
Unterschätzte steuerliche Risiken bei der Strukturplanung
Bewährte Strategien zur legalen Vermeidung der Wegzugsteuer
Stundungsmodelle und ihre praktische Anwendung
Eine der wichtigsten legalen Strategien ist die Nutzung von Stundungsmodellen nach § 6 AStG.
Hierbei wird die Wegzugsteuer nicht sofort fällig, sondern über einen Zeitraum von bis zu fünf Jahren gestundet.
Voraussetzung ist, dass der Steuerpflichtige in einen EU-Staat oder EWR-Staat verzieht und entsprechende Sicherheiten stellt.
Die Stundung kann durch Bankbürgschaften, Grundschulden oder andere geeignete Sicherheiten erfolgen.
Besonders attraktiv: Wenn die Anteile während der Stundungszeit nicht veräußert werden, entfällt die Steuerschuld nach Ablauf der Frist vollständig.
Diese Regelung macht eine Wegzugsteuer umgehen möglich, ohne illegale Konstruktionen zu verwenden.
Strukturoptimierung vor dem Wegzug aus Deutschland
Eine durchdachte Strukturoptimierung Monate oder Jahre vor der Auswanderung kann erhebliche Steuerersparnisse bringen.
Dazu gehört die echte Substanziierung von Holdinggesellschaften durch eigene Mitarbeiter, Büroräume und operative Entscheidungsbefugnisse.
Auch die schrittweise Übertragung von Anteilen an Familienmitglieder oder in Stiftungsstrukturen kann die Wegzugsbesteuerung reduzieren.
Wichtig ist dabei, dass jeder Schritt wirtschaftlich begründet und nicht nur steuerlich motiviert ist.
Die Umstrukturierung sollte mindestens zwei Jahre vor der geplanten Auswanderung beginnen, um den Gestaltungsmissbrauchsvorwurf zu vermeiden.
Alternative Ansätze für verschiedene Unternehmensformen
Professionelle Planung: So gelingt die steueroptimierte Auswanderung
Die richtige Beraterwahl für komplexe Auswanderungsfälle
Die Auswahl des richtigen Beraterteams entscheidet oft über Erfolg oder Misserfolg der Auswanderung.
Benötigt wird ein interdisziplinäres Team aus Steuerberatern, Rechtsanwälten und möglicherweise Unternehmensberatern, die alle internationale Erfahrung haben.
Wichtig ist, dass die Berater sowohl das deutsche Steuerrecht als auch das Recht des Ziellandes beherrschen.
Viele Probleme entstehen an den Schnittstellen zwischen verschiedenen Rechtssystemen.
Ein guter Berater entwickelt einen konkreten Fahrplan mit Meilensteinen und Zwischenschritten.
Er berücksichtigt dabei nicht nur steuerliche, sondern auch gesellschaftsrechtliche, arbeitsrechtliche und regulatorische Aspekte der Auswanderung.
Zeitplanung und Meilensteine für den Wegzug
Eine erfolgreiche Auswanderung braucht einen detaillierten Zeitplan.
Die Vorbereitungszeit sollte mindestens 12-18 Monate betragen.
Wichtige Meilensteine sind:
- Erstberatung und Strategieentwicklung
- Strukturoptimierung und Substanziierung
- Anmeldung im Zielland
- Schrittweise Verlagerung der Geschäftstätigkeit
- Formelle Abmeldung in Deutschland
- Nachbetreuung in den ersten Jahren.
Jeder Schritt muss sorgfältig dokumentiert werden.
Besonders kritisch sind die Übergangsphasen, in denen sowohl deutsche als auch ausländische Steuerpflicht bestehen kann.
Hier drohen Doppelbesteuerungen oder Lücken in der steuerlichen Behandlung.
Checkliste für die vollständige Dokumentation
Eine lückenlose Dokumentation ist das A und O einer erfolgreichen Auswanderung.
Die Checkliste umfasst:
- Aufenthaltsnachweis durch Flugtickets und Hotelrechnungen
- Geschäftsentscheidungen mit Datum und Ort der Beschlussfassung
- Kommunikation mit deutschen Behörden und ausländischen Steuerbehörden
- Verträge über Wohnsitz und Geschäftstätigkeit im Ausland
- Nachweis der wirtschaftlichen Substanz von Holdinggesellschaften
- Bewertungsgutachten für Unternehmensbeteiligungen
- Regelmäßige Updates der Steuererklärungen in allen beteiligten Ländern.
Diese Dokumentation sollte mindestens zehn Jahre aufbewahrt werden, da sowohl deutsche als auch ausländische Finanzbehörden lange Prüfungsfristen haben.
Professionelle Planung schlägt komplexe Strukturen
Die Illusion, dass doppelte Holdingstrukturen automatisch vor der Wegzugsbesteuerung schützen, kann teuer werden.
Die deutsche Finanzverwaltung hat ihre Prüfungsmethoden verfeinert und durchschaut reine Gestaltungen ohne wirtschaftliche Substanz.
Erfolgreiche Auswanderungsstrategien basieren heute auf einer Kombination aus echter Substanziierung, professioneller Zeitplanung und der Nutzung legaler Stundungsmodelle.
Der Schlüssel liegt nicht in der Komplexität der Struktur, sondern in der Qualität der Planung und Umsetzung.
Wer die Wegzugsbesteuerung legal vermeiden möchte, sollte mindestens 18 Monate Vorbereitungszeit einplanen und ein erfahrenes Beraterteam engagieren.
Die Investition in professionelle Beratung zahlt sich angesichts der hohen Steuerrisiken fast immer aus.
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Lassen Sie sich frühzeitig von Experten beraten, die sowohl das deutsche Steuerrecht als auch internationale Strukturen beherrschen.
Nur mit der richtigen Strategie wird aus Ihrem Auswanderungstraum nicht zum Steuernachteil.
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